von dreiSatz
30. Geburtstag
"Komm gut nach Hause!“ Maria Maketa schließt die Tür. 20:35 Uhr. Bernhard wird etwa 20 Minuten brauchen. Dann ist er noch vor Beginn der Ausgangssperre zu Hause. Sie geht zum Fenster, nimmt ihre Maske ab und sieht ihm zu, wie er im Hof sein Fahrrad aufsperrt. Die Jacke spannt sich über seine Schultern und gibt ein Stück des unteren Rückens frei. Bernhard richtet sich auf, blickt nach oben und winkt. Wahrscheinlich lächelt er unter seiner Maske.
Vereinzelte Schneeflocken tanzen durch den Lichtkegel seines Fahrrads. Maria Maketa schließt die Vorhänge und tritt einen gelben Luftballon in eine Gruppe anderer Ballons. Sie holt den Plastik-Wäschekorb und füllt ihn mit den hüpfenden Objekten. Dann stellt sie sich in die Mitte des Zimmers, reißt den Korb nach oben, so dass die Ballons durch die Luft fliegen wie Schneeflocken im Licht und ruft: „Maria Maketa, auf Dich!“ Sie rennt durchs Zimmer und versucht, die Ballons mit Händen, Füßen, Knien und ihrem Kopf daran zu hindern, den Boden zu berühren. Sie lacht und freut sich über jeden Ballon, den sie erwischt. Ein schwieriges, erschöpfendes Spiel; es sind viele Ballons. Schließlich sinkt sie ausser Atem zu Boden, legt sich auf den Rücken und streckt Arme und Beine von sich. Die Ballons regnen auf sie herab und hüpfen sanft, wie Tropfen in einer Pfütze.
Bernhard hat ihr ein Geschenk da gelassen. Maria schaltet das Licht aus, setzt sich an ihren Couchtisch und öffnet im Schein einer brennenden Kerze das kleine Paket. Ein flaches Kästchen kommt zum Vorschein, bedruckt mit Van Goghs Weizenfeld mit Zypressen. Am Rand des Kästchens ist eine silberne Kurbel. Maria dreht vorsichtig daran. Das Kästchen beginnt, Vivaldis Frühling zu spielen. Nachdenklich blickt Maria auf den reifen Weizen, die Ballons auf dem Boden und denkt an ihren einzigen Partygast, der inzwischen sicher wieder zu Hause bei seiner Familie ist. Ja, so richtig passt das heute alles nicht zusammen.