von dreiSatz
Kann das weg?
"Ist das Kunst, oder kann das weg?" fragte Bernd die ausstellende Künsterlin Marianne Gerlach.
"Letztlich kann doch alles weg, oder?", antwortete sie und maß mit ihrem Blick seine Gestalt vom Kopf über den Anzug zu den Schuhen, bevor sie, ein breites Lächeln anknipsend, eine weißhaarige Dame begrüßte. Sein Gesicht fiel in sich zusammen und er wandte sich ab, um einen Sekt zu nehmen.
"War wohl nichts, Bernd?", bemerkte die hämische Stimme in seinem Kopf.
Nein, natürlich war das nichts. Mal wieder. Wann würde er endlich herausfinden, wie er mit Frauen ins Gespräch kommen könnte?
Er trank den Sekt und straffte seine Schultern. Dann verließ er die Ausstellung. Es hatte geregnet und die Strassen rochen nach nassem Asphalt.
Ihm hatten die sonderbar geschichteten Wandgehänge in der Galerie nichts gesagt. Und Marianne Gerlach sollte schon verstehen, dass er sich nicht beeindrucken lässt von einem Ausstellungserfolg. Überhaupt sollte sie von ihm und nicht er von ihr beeindruckt sein.
"Letztlich kann doch alles weg, oder?" Sie hatte das wie eine Erkenntnis gesagt, mit einer Autorität, mit der er nicht diskutieren konnte.
Er war aus dem Ort herausgelaufen. Die Sonne brach durch die Wolken und brachte einen Grünstreifen mit Mohnblumen zum Leuchten. Wunderschön. Vergänglich. Nutzlos.
Bernd setzte sich auf eine nasse Bank und fühlte, wie seine Hose sich mit Wasser vollsog. Er hatte den Anzug bewusst gewählt, um Respekt einzufordern. Aber letztlich kann das alles weg, hatte sie gesagt. Seine Hoden zogen sich zum Körper. Sein Penis schrumpelte klitzeklein und auch sein Hintern wurde kalt. Mühsam erhob er sich von der Bank, der nasse Hosenboden hing schwer an ihm herunter. Er stellte die Beine etwas auseinander, um seine Oberschenkel vor dem nassen Stoff zu schützen, und machte sich wieder auf den Weg. Breitbeinig, aber entschlossen, macht er einen Schritt nach dem anderen. Jetzt hatte er ein Ziel. Die Tauenzienbrücke über der Spree war nur 1000 Meter entfernt. Kaum etwas auf dem Weg dorthin erregte seine Aufmerksamkeit, und wenn, dann dachte er: "Das kann alles weg".
Der Anstieg auf die Brücke war anstrengend, Schritt für Schritt mit dem nassen Hosenboden.
Oben angekommen kletterte er auf die Brüstung.
Letztlich kann doch alles weg, oder?
Er öffnete seine Hose, auf dem Geländer balanzierend, kramte seinen Penis hervor und strullte in das fließende Wasser.