von dreiSatz
Ko
Das Boot mit dem kleinen Außenbordmotor entfernt sich vom Strand. Wie romantisch, allein, auf einer einsamen Insel. In 5 Stunden, um 17 Uhr, soll der Fischer wiederkommen.
Nino und Hannah nehmen sich an den Händen. Sie könnten jetzt die Schuhe ausziehen und leicht bekleidet, wie in der Bacardiwerbung, durch das warme Wasser rennen. Aber sie stehen nur da, Hand in Hand, und sehen dem Fischerboot hinterher.
„Lass uns die Insel erkunden!“
Hannah dreht sich zum Inland und zieht Nino mit sich. Der Strand misst etwa 200m, dahinter ist Urwald. Sie laufen auf den Wald zu. Hannah möchte eine Quelle finden, eine Hütte bauen, wie Robinson Crusoe diese Insel zu ihrer Heimat machen. Mit Nino. Er ist ein schöner Mann, groß, mit glatter, brauner Brust und langen, schlanken Gliedern. Und eisblauen Augen. Er ist gefährlich, ein bisschen irre vielleicht. Sie liebt seine scharf geschnittenen Lippen. Man kann sie rot bemalen und die dichten Wimpern mit Kajalstift betonen.
„Da kommen wir nicht durch.“
Nino versucht mit einem Stock, das Dickicht zu teilen, um einen Durchgang zu schaffen. Hannah wird ungeduldig. Sie läuft den Waldrand ab, Nino folgt ihr langsam.
„Da ist kein Durchkommen,“ bestätigt sie.
Er legt seinen Arm um ihre Taille. Sie spürt die Wärme seines Körper an ihrem. Erregung schiebt sich wie ein Weichzeichner vor ihren Blick und wie Watte vor ihren Verstand.
Die Schatten des Urwalds werden länger. Jetzt wärmt die Sonne nicht mehr so stark. Sie sitzen auf einem Stein in der Abendsonne. Die Flut kommt, und der Strand wird schmäler.
„Was sind das für Schatten vor den Wellen?"
Hannah kneift die Augen zusammen, um die Wellen besser zu sehen.
„Welche Schatten?"
Nino deutet mit der Hand Richtung Meer.
„Dort, wo die Wellen an den Strand spülen. Siehst du? Da ist eine Bewegung vor dem Wasser."
Jetzt sieht sie, was er meint.
„Es ist wie ein Flimmern.“
„Ja, als ob der Sand verschwimmt."
Zögernd steht Nino auf. Hannah greift seine Hand, und gemeinsam gehen sie auf das Wasser zu. Die Bewegung vor den Wellen wird deutlicher, und plötzlich fasst Nino Hannah Hand fester. „Au!"
Sie macht sich los und geht noch einen Schritt nach vorne. Dann bleibt sie wie angewurzelt stehen.
Vor den Wellen laufen seitlich tausende handtellergroßer Krabben, vor der Welle davon auf den Strand hinauf und der Welle folgend aufs Meer zu. Hin und Her.
„Lass uns zurück zu dem Stein gehen..."
Der Stein ist groß. Nino hilft Hannah hinauf. Eine Geste der Zivilisation. Dann sitzen sie auf dem Stein, Körper an Körper, und beobachten die Wellen, die langsam immer näher kommen, mit ihrer tausendfachen Begleitung. Um 18 Uhr geht die Sonne unter in diesen Breiten. Jetzt färbt sie den Himmel rötlich.