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paradiesische Welten

Es ist ziemlich kühl. Ein junger Mann schleppt einen Heizstrahler in den Raum, stellt ihn neben/ zwischen das Bronchosaurus-Skelett und den Stuhl und verschwindet wieder. Das Kabel des Heizstrahlers liegt auf dem Boden. Maria hat eine Decke um sich geschlungen und sitzt auf dem Stuhl, mitten im Raum. Es stehen noch mehr Stühle im Raum, diese mit integriertem individuellem Pult. Sie sind im Halbkreis um Marias Stuhl herum gruppiert. 

Nach und nach treten Menschen in Mänteln, Schals und Handschuhen in den Raum. Sie nicken sich gegenseitig grüßend zu und sehen an Maria vorbei. „Ein toller Raum“ „Sind Sie zum ersten Mal hier?“ „Das ist eine ganz besondere Atmosphäre.“  „Wir dürfen uns wohl setzen“.

Jetzt kommt der junge Mann wieder, etwas schief sein Gangbild, als er eine schwere Kabelrolle mit einem dumpfen Humpf auf dem Boden neben dem Heizstrahler absetzt. Er kniet sich neben die Kabelrolle, steckt das Kabel des Heizstrahlers ein, blickt auf und lächelt in die Runde. Die Menschen auf den Stühlen haben ihre Mäntel über die Stuhllehnen gehängt, einige haben ihre Schals abgelegt. Handschuhe hat niemand mehr an. 

Der junge Mann greift den Stecker der Kabelrolle und zieht das Kabel quer durch den Raum. Unter dem Archeopterix ist eine Steckdose. Maria blickt auf den Boden, etwa zwei Meter vor sich. Der Heizstrahler beginnt zu glühen und verbreitet ein rötliches Licht. Es wird wärmer unter der Decke. 

 

„Schön, dass Sie alle hier sind.“ Der junge Mann ist an den Rand des Halbkreises getreten. „Wir beginnen mit wechselnden Drei-Minuten-Posen. Maria, bitte.“

Maria steht auf, legt ihre Decke über die Stuhllehne und stellt sich in den Wirkungsbereich des Heizstrahlers. „Die Arme bitte nach oben, über dem Kopf gefaltet.“ Beflissen nehmen die Menschen im Halbkreis ihre angespitzten 12B Bleistifte in die Hand. „Jetzt drei Minuten.“ Die Blicke der Menschen richten sich auf Marias Körper, hochkonzentriert. Sie arbeiten an der Replikation, die Zeit läuft. Es ist nicht einfach, den Menschen im Heizstrahlerlicht zu ignorieren, aber sie schaffen es. Maria ist ganz allein im Raum. „Wechsel, die Hände in die Hüften bitte, drei Minuten.“ Marias Kopf ist zur Seite gedreht, ein Kopf mit Schnabel und Hörnern schaut um die Ecke und beobachtet sie. Und Maria beobachtet ihn aus den Augenwinkeln. „Wechsel, die Arme verschränken, bitte, und das Gewicht auf das rechte Bein verlagern. Drei Minuten.“ 

„Du hast noch nicht einmal Haut und Fleisch, um dich zu bedecken.“ „Ich habe das, was übrig bleibt.“ Die gebleichten Knochen wandern durch den Raum, das Hörner-Schnabeltier kommt näher und legt seinen Kopf auf Marias Schulter. 

„Danke Maria, Pause.“ Maria geht zum Stuhl und legt die Decke über ihre Schultern. Sie setzt sich nicht, sondern dreht sich mit dem Rücken zum Halbkreis und betrachtet das Hörner-Schnabel-Tier. Seine Knochen sind mit Drähten und Schrauben aneinander befestigt und sein Kopf ist mit einer Metallstange abgestützt. 

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